Medikamente vor der Blutabnahme: Wann ja, wann nein?
Es ist der Klassiker: Der Termin zur Blutabnahme ist morgen früh, der Arzt ist nicht mehr erreichbar, und die Frage schießt durch den Kopf: « Moment, darf man vor der Blutabnahme Medikamente einnehmen? »
Man will nichts verfälschen, aber die Einnahme einfach zu stoppen, fühlt sich auch falsch an.
Hier die sicherste Regel vorab: Chronische Medikamente (z.B. für Bluthochdruck oder Herz) eigenmächtig abzusetzen, ist fast immer die schlechtere und gefährlichere Idee. Die meisten Medikamente sollen und müssen Sie wie gewohnt einnehmen.
Die Verwirrung entsteht, weil es drei wichtige Ausnahmen gibt. Wir klären auf, wann Sie Ihre Tabletten nehmen dürfen und wann Sie unbedingt bis nach der Blutentnahme warten müssen.
Die Infos zu retinierten (wenn Sie keine Zeit haben, alles zu lesen)
- ✅ Ja (meistens): Die meisten Medikamente (z.B. für Bluthochdruck, Cholesterin, Herz) sollen Sie normal einnehmen. Ein Abbruch ist gefährlicher als eine mögliche Beeinflussung.
- ⚠️ Ausnahme 1: Schilddrüse (L-Thyroxin): Diese Tablette immer erst NACH der Blutabnahme nehmen. Sie verfälscht sonst den relevanten fT4-Wert.
- 🔬 Ausnahme 2: Medikamenten-Spiegel: Wenn der Wirkstoff selbst gemessen wird (z.B. bei Antiepileptika, Antidepressiva), muss der « Talsoiegel » (niedrigster Wert) bestimmt werden. Also: Blutentnahme VOR der nächsten Einnahme.
- 📉 Ausnahme 3: Diabetes: Wenn Sie nüchtern sein müssen, dürfen Sie keine Blutzucker-senkenden Medikamente (Tabletten oder Insulin) nehmen. Es besteht die Gefahr einer Unterzuckerung.
- 💧 « Nüchtern » und Medikamente: « Nüchtern » bedeutet nichts essen. Medikamente mit Wasser einzunehmen, ist fast immer erlaubt (außer den 3 Ausnahmen).

Die 3 Ausnahmen: Wann Sie Medikamente erst NACH der Blutabnahme einnehmen sollten
Die Verwirrung um die Einnahme von Medikamenten vor einer Blutabnahme kommt von drei klar definierten Ausnahmen. Wenn Ihr Medikament in eine dieser Kategorien fällt, nehmen Sie es am Tag der Blutentnahme erst danach ein.
Ausnahme 1: Schilddrüsenhormone (L-Thyroxin)
Dies ist die häufigste und relevanteste Ausnahme.
Das Problem: L-Thyroxin hat eine kurze « Anflutzeit ». Nehmen Sie die Tablette direkt vor der Blutentnahme, schießt der fT4-Wert (freies T4) im Blut künstlich in die Höhe. Der Arzt sieht einen Wert, der nach einer Überfunktion aussieht, obwohl die Dosis vielleicht perfekt eingestellt ist. Das Ergebnis wird unbrauchbar.
Die Regel lautet daher: Tablette einpacken, Blut abnehmen lassen, Tablette noch im Wartezimmer oder beim anschließenden Frühstück einnehmen. Diese kurze Verschiebung ist medizinisch unbedenklich, ähnlich wie wenn man einmal seine Schilddrüsentablette vergisst.
Ausnahme 2: Messung von Medikamentenspiegeln (Talsoiegel)
Manchmal will der Arzt wissen, wie viel Wirkstoff Sie im Blut haben. Dies nennt sich « Therapeutisches Drug-Monitoring » (TDM). Das betrifft oft Medikamente mit einer geringen therapeutischen Breite, bei denen « ein bisschen zu viel » bereits toxisch sein kann (z.B. Antiepileptika, bestimmte Antidepressiva, Herzmedikamente wie Digoxin).
Der Arzt muss hier den « Talsoiegel » (Trough Level) messen. Das ist die niedrigste Konzentration des Medikaments im Körper, also der Wert direkt bevor die nächste Dosis fällig ist.
Nehmen Sie die Tablette vorher, misst der Arzt die « Spitze » (Peak Level), nicht das « Tal ». Die Dosis kann fälschlicherweise als zu hoch eingestuft werden, obwohl sie es nicht ist. Halten Sie sich hier strikt an die Anweisung, « vor der nächsten Einnahme » zur Blutabnahme zu kommen.
Ausnahme 3: Diabetes-Medikamente (Insulin, Metformin & Co.)
Diese Ausnahme ist keine labor-technische, sondern eine reine Sicherheitsmaßnahme für Sie als Patient.
Wenn Sie « nüchtern » zur Blutabnahme müssen (also nichts essen), aber Ihre blutzuckersenkenden Mittel (Tabletten oder Insulin) wie gewohnt einnehmen, fällt Ihr Blutzucker gefährlich ab. Es droht eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) – Schwindel, Zittern, bis hin zur Bewusstlosigkeit.
Die Regel lautet: Wenn Sie für die Blutabnahme nüchtern bleiben müssen, spritzen oder schlucken Sie Ihre Diabetes-Medikamente erst zum anschließenden Frühstück.
Was ist mit dem Rest? (Blutdruck, Pille & Co.)
Für fast alle anderen chronischen Medikamente gilt: Bitte wie gewohnt einnehmen.
- Blutdrucktabletten: Unbedingt nehmen. Ein plötzliches Absetzen am Morgen kann den Blutdruck gefährlich erhöhen (Morgenhochdruck) und das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall steigern.
- Cholesterinsenker (Statine): Werden meist ohnehin abends genommen, die Frage stellt sich morgens oft nicht. Falls doch: normal einnehmen.
- Die « Pille » (Kontrazeptiva): Normal einnehmen.
- Herzmedikamente: Normal einnehmen, es sei denn, es soll explizit ein Medikamentenspiegel (siehe Ausnahme 2) gemessen werden.
Die größte « Verfälschung » der Werte entsteht nicht durch die Tablette, sondern durch das unkontrollierte Absetzen eines Langzeitmedikaments.

« Nüchtern » vs. « Medikamente »: Das große Missverständnis
Viele Patienten verwechseln « nüchtern sein » mit « nichts einnehmen ». Das ist falsch und führt zu der Verunsicherung.
Was bedeutet « Nüchtern »?
« Nüchtern » bedeutet, dass Sie 8 bis 12 Stunden vorher nichts gegessen haben. Warum? Weil bestimmte Blutwerte direkt durch die Nahrung beeinflusst werden. Dazu gehören vor allem:
- Blutzucker (Glukose)
- Blutfette (Triglyceride)
- Cholesterin (LDL, HDL)
Auch andere gängige Werte, wie zum Beispiel ein niedriger Ferritinwert (Eisenspeicher), werden oft im selben Zuge überprüft.
Was ist bei « Nüchtern » erlaubt?
Die Einnahme Ihrer Medikamente (außer den 3 Ausnahmen) mit einem Glas stillem Wasser ist fast immer erlaubt und bricht das « Nüchtern »-Gebot nicht.
Strikt verboten sind hingegen:
- Kaffee (auch schwarz)
- Tee
- Säfte oder zuckerhaltige Getränke
- Milch
- Rauchen (das Rauchen vor der Blutabnahme kann Entzündungswerte und andere Parameter stark beeinflussen)
- Kaugummi oder Bonbons
Nur klares, stilles Wasser ist sicher.
Die Frage, ob man Medikamente vor einer Blutabnahme einnehmen darf, lässt sich also klar beantworten: Ja, meistens schon. Die Sicherheit Ihrer Herzeinstellung oder Ihres Blutdrucks geht vor.
Merken Sie sich die drei großen « Neins »: Schilddrüse, Diabetes (beim Fasten) und Medikamenten-Spiegel-Messungen.
Im Zweifel (und das ist die beste Regel): Informieren Sie die Person, die Ihnen das Blut abnimmt, vor der Nadel darüber, was Sie wann eingenommen haben. Ehrlichkeit ist der beste Garant für ein korrektes Ergebnis.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Darf ich Blutdrucktabletten vor der Blutabnahme nehmen?
Ja, unbedingt. Ein plötzliches Absetzen ist riskant und kann den Blutdruck gefährlich erhöhen. Nehmen Sie die Tabletten wie gewohnt mit einem Schluck stillem Wasser ein.
Warum L-Thyroxin erst nach der Blutabnahme?
Weil die Einnahme kurz vor dem Test den fT4-Wert (freies Schilddrüsenhormon) im Blut künstlich stark ansteigen lässt. Dies kann fälschlicherweise eine Überfunktion vortäuschen und zu einer falschen Dosisanpassung führen.
Darf ich vor der Blutabnahme Wasser trinken, wenn ich nüchtern sein soll?
Ja, ein Glas stilles Wasser (Leitungswasser ohne Kohlensäure) ist ausdrücklich erlaubt und sogar erwünscht. Kaffee, Tee, Saft oder Milch sind jedoch verboten.
Muss ich die Pille vor der Blutabnahme absetzen?
Nein, auf keinen Fall, es sei denn, Ihr Arzt hat es ausdrücklich angeordnet. Wenn ein Hormonstatus gemacht wird, ist die Einnahme (oder Nicht-Einnahme, z.B. in der Pausenwoche) oft Teil der Information, die der Arzt zur Interpretation der Werte benötigt.
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